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OLG Hamm klärt illegalen Verkauf von Cannabisprodukten

Das OLG Hamm hat entschieden, dass der Handel mit Cannabisprodukten aus einem Anbau mit zertifiziertem Saatgut oder mit einem Wirkstoffgehalt von weniger als 0,2% THC (Tetrahydrocannabinol) illegal ist, wenn er nicht ausschließlich gewerblichen oder wissenschaftlichen Zwecken dient, die einen Missbrauch zu Rauschzwecken ausschließen.

In den Jahren 2011/2012 unterhielt der heute 42 Jahre alte Angeklagte aus Höxter in Steinheim einen sog. Head-Shop. In diesem bot er u.a. Industriehanf aus einem Anbau mit zertifiziertem Saatgut zum Verkauf an, zum Teil als Räucherhanf oder als Inhalt von sog. Duftkissen. An einen Kunden aus Karlshuld soll er 5 kg Hanf mit mindestens 10 g THC und damit einem Wirkstoffgehalt von über 0,2% geliefert haben, die der Kunde weiterveräußerte. Einem weiteren Kunden aus Schmelz soll er nach einer Internetbestellung zwei Hanfduftkissen mit jeweils 30 g Hanf übersandt haben, die der Kunde zum Teil zu Rauschzwecken verwandte.
Das zunächst mit dem Fall befasste AG Höxter hat den Angeklagten aufgrund der genannten Taten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen, davon in einem Fall in nicht geringer Menge, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Auf die Berufung des Angeklagten sprach das LG Paderborn den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen frei. Es sah die vom Angeklagten vertriebenen Cannabisprodukte als verkehrsfähig an und meinte, der Angeklagte habe in Bezug auf den Wirkstoffgehalt jedenfalls nicht schuldhaft gehandelt. U.a. habe er den Wirkstoffgehalt der bezogenen Hanfprodukte nicht auf einen Wert von über 0,2% THC überprüfen müssen.

Die gegen das Berufungsurteil gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft war vor dem OLG Hamm vorläufig erfolgreich. Das OLG Hamm hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere kleine Strafkammer des LG Paderborn zurückverwiesen.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts rechtfertigen die Feststellungen des LG Paderborn keinen Freispruch. Die vom Angeklagten vertriebenen Cannabisprodukte seien grundsätzlich nicht verkehrsfähige Betäubungsmittel. Das Landgericht sei im vorliegenden Fall zu Unrecht davon ausgegangen, dass das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) den infrage stehenden Vertrieb ausnahmsweise gestatte. Die einschlägige Ausnahmevorschrift in der Anlage I zu § 1 Abs. 1 BtMG setze nicht nur voraus, dass die Cannabisprodukte aus einem Anbau mit zertifiziertem Saatgut stammten und einen bestimmten THC-Gehalt nicht überstiegen. Voraussetzung sei außerdem, dass der Verkehr mit diesen Produkten ausschließlich gewerblichen oder wissenschaftlichen Zwecken diene, die einen Missbrauch zu Rauschzwecken ausschlössen. Die Ausnahmeregelung diene nicht dazu, die Bevölkerung mit THC-schwachen Cannabisprodukten zu persönlichen Konsumzwecken zu versorgen und solle nicht das generelle Cannabisverbot aufweichen. Ein zulässiger gewerblicher Zweck im Sinne der Ausnahmebestimmung sei erst dann gegeben, wenn der Hanf zu einem unbedenklichen Produkt, wie z.B. Papier, Seide oder Textilien weiterverarbeitet werden solle. Der bloße Konsum sei kein zulässiger gewerblicher Zweck in diesem Sinne. Deswegen müsse auch bei der Weitergabe von Cannabisprodukten aus einem zertifizierten Anbau gewährleistet sein, dass die Abnehmer ausschließlich die Weiterverarbeitung zu unbedenklichen Produkten beabsichtigten. Erst unbedenkliche Cannabisprodukte dürften dann an einen Endbenutzer abgegeben werden.

Einen derartigen Ausnahmefall habe das Landgericht nicht hinreichend geprüft. Es habe nicht festgestellt, dass die vom Angeklagten veräußerten Cannabisprodukte ausschließlich den gesetzlich zulässigen gewerblichen oder wissenschaftlichen Zwecken gedient hätten bzw. dienen sollten. Auch habe es nicht festgestellt, dass die mit dem Vertrieb verfolgten Zwecke einen Missbrauch zu Rauschzwecken ausgeschlossen und die abgegebenen Produkte nur einen geringen THC-Gehalt aufgewiesen hätten, letzteres habe jedenfalls für einen Teil der vertriebenen Produkte nicht zugetroffen.

Die vorgenannten Feststellungen seien im vorliegenden Fall auch nicht deswegen entbehrlich, weil sich der Angeklagte in einem seine strafrechtliche Verantwortlichkeit ausschließenden, unvermeidbaren Verbotsirrtum befunden habe. Als Betreiber eines sog. Head-Shops hätten ihm gesteigerte Erkundigungs- und Prüfungspflichten oblegen. Dass er diesen nachgekommen sei und dabei eine Auskunft erhalten habe, nach der er auf die Rechtmäßigkeit seines Handelns vertrauen durfte, sei nicht festgestellt.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm v. 01.07.2016

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