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Keine Auslieferung nach Polen aufgrund polnischer Justizreform?

Das OLG Karlsruhe hat in einem Verfahren, in dem über die Auslieferung eines polnischen Staatsangehörigen an die Republik Polen zur Strafverfolgung zu entscheiden ist, den Haftbefehl aufgehoben und die polnischen Behörden um weitere Auskunft zu den Auswirkungen der polnischen Justizreform auf das konkrete Verfahren ersucht.

Das Oberlandesgericht hat Zweifel geäußert, ob aufgrund der Justizreformen in Polen die Unabhängigkeit der polnischen Justiz und der Anspruch des Auszuliefernden auf ein faires Verfahren (Art. 47 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union) gewährleistet ist.

Damit knüpft das OLG Karlsruhe an Entscheidungen des EuGH an, mit denen die nationalen Gerichte verpflichtet wurden, die Gewährleistung des europäischen Grundrechts auf ein faires Verfahren bei einer Auslieferung zu prüfen (EuGH, Urt. v. 25.07.2018 – C 216/18, EuGRZ 2018, 396), und die Zwangspensionierung von Richtern in Polen für unionsrechtswidrig erklärt wurde (EuGH, Urt. v. 19.11.209 – C 192/18). Das Oberlandesgericht sieht die Gefahr, dass die mit dem Verfahren befassten Richter nach dem Inkrafttreten des polnischen Gesetzes zur Änderung der Gerichtsverfassung vom 29.12.2019 allein aufgrund der von ihnen vorgenommenen Würdigung von Beweisen in einem Strafverfahren mit disziplinarischen Sanktionen rechnen müssen, wodurch ihre Unabhängigkeit und ein faires Verfahren in Frage gestellt sind.

Eine endgültige Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung wird erst erfolgen, nachdem die polnischen Behörden Gelegenheit zur Beantwortung der Anfrage des OLG Karlsruhe hatten.

Pressemitteilung des OLG Karlsruhe Nr. 8/2020 v. 09.03.2020

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